Sonntag, 20. August 2017

#1 Diese Sache mit dem Optimismus

Ich hasse Sommerregen. Nein, wirklich. Ich hasse diese schwere Luft, die dabei entsteht und sich jedes Mal wie ein undurchdringlicher Schleier auf die ganze Welt zu legen scheint. Damals, beim Spielen, wenn die anderen Kinder sich auf die Suche nach dem Ende des Regenbogens machten oder sich ihre Jacken auszogen, die Arme ausstreckten und barfuß auf der nassen Wiese Pirouetten tanzten, kauerte ich mich unter das Vordach der Veranda  und wünschte mir nichts sehnlicher, als das der Regen ein Ende hat.

Ich?-Bin ein ziemlicher Hypochonder. Besonders in den Momenten, in denen ich dieses undefinierbare Stechen im Bauch spüre, oder in der Brust...oder an den Schläfen. Ich bin Perfektionist. Detailverliebt - zumindest immer dann, wenn es darum geht, Gedanken bis ins kleinste Detail zu zerdenken und sich in Dinge hineinzusteigern, die entweder schon weit in der Vergangenheit liegen oder vielleicht niemals existieren werden. Ich sehe das Glas prinzipiell lieber halb leer, als halb voll, einfach um mich vor eventuellen Enttäuschungen zu bewahren.
Mein Leichtsinn?- Der ist tot und begraben. Genauso wie mein innerer Optimismus.

Dachte ich zumindest!

,,Es gibt zwei Arten, mit Enttäuschungen umzugehen", sagt C.  immer. ,,Entweder ich lache darüber oder ich weine darüber...und wenn ich mir aussuchen kann, ob ich lieber lachen oder weinen will, dann werde ich mich garantiert immer fürs Lachen entscheiden."
C. ist im Übrigen die ausgeglichenste und optimistischste Person die ich kenne. 
Ich sehe sie einen Moment lang stirnrunzelnd an. ,,Und was, wenn ich keine Wahl habe und automatisch weinen muss?", hake ich nach. 
Sie lehnt sich in ihrem Stuhl zurück und antwortet ohne lange zu überlegen. ,,Glaub mir, du hast immer eine Wahl." 
Und somit Stand sie im Raum- Die Frage nach meinem Optimismus und die Tatsache, dass einzig und allein Ich selbst für meine Grundstimmung verantwortlich bin.
Laut C. ist alles was ich zu tun habe, mir gut zuzureden und dem Optimismus eine Chance zu geben. Oder dem Universum. Oder was es auch immer sein mag, das dafür sorgt, das unser Leben in geregelten Bahnen verläuft. 

Zugegeben: Ich war skeptisch. Bin ich immer noch. Aber dennoch: Ich habe tatsächlich angefangen, mir einzureden das ,,alles gut ist" und zwar in den Momenten, in denen definitiv nicht alles gut war. Bei Regen zum Beispiel, oder als das undefinierbare Stechen im Bauch zurück kam oder als Ich auf dem Weg zum Termin in einen Stau geraten bin. Am Anfang hat sich das alles ziemlich lächerlich angefühlt und ich konnte mich von dem Gedanken nicht losmachen, dass ich mir selbst etwas vormache. Aber ich habe weitergemacht. Es war ja schließlich ein Versuch. Eine Challenge. 
Alles ist gut. Ich werde nicht zu spät kommen. Ich werde einen Parkplatz finden. und dieses Projekt in der Arbeit-damit werde ich erst recht fertig.
Mein Herz schlug weiter. Viel zu laut. Viel zu wenig im Takt. So, dass ich mir nicht einmal die Hand auf die Brust legen musste um zu begreifen, dass es zu schnell dagegen hämmerte. 
Ich bin ungeduldig. War ich schon immer.
Aber: Alles ist gut.


Das wurde irgendwann zu einer Art Mantra und dann zu einer Art Rückhalt. Einer Versicherung, der ich plötzlich glauben schenkte. Ganz unbewusst. Trotz des Widerstandes, den ich Anfangs dagegen aufgebracht hatte.



und dann? Passierte etwas wirklich überraschendes. Denn von Tag zu Tag war da mehr Energie. 
Mehr Geduld und vor allem mehr Selbstvertrauen. Am Ende der Woche? War ich so glücklich wie seit langen nicht mehr und zum ersten Mal habe ich diese Sache mit dem Optimismus verstanden.
 Es kommt nicht auf die Situation an, sondern darauf, was man daraus macht. 

 Heute? Heute Klappe ich den Regenschirm  zu und setze einen ersten Fuß auf die nasse Wiese. Zaghaft. Ein wenig unsicher. Es ist ein Versuch. Ein Experiment. Aber irgendwann werde ich tanzen. Ganz sicher. Das hier ist ein Anfang. Ich lächle- ein echtes Lächeln. ,,Alles wird gut" flüstere ich
und zum ersten Mal fühlt sich das richtig an.  








2 Kommentare:

  1. Hallo Sarah,

    danke für deinen Kommentar auf meinem Blog, der nächste Post über Irland wird bald folgen! :)
    Zu deinem Text: Ich kann C. nur zustimmen. Auch wenn man mal längere Phasen zu haben scheint, in denen nichts funktionieren will und in denen man einfach die Nase voll hat, muss man sich einfach für jeden Tag eine Kleinigkeit suchen, die einen glücklich macht und auf die man sich deswegen freuen kann.

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  2. Was für ein toller Beitrag. Mir gefällt deine Wortwahl und allgemein die Art zu Schreiben sehr gut.
    Der Text hat mich wirklich gefesselt.
    Großes Kompliment!

    Alles Liebe,
    Lara von www.likethewayidoit.de

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